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Wie ich versuchte, das Steinkistengrab von Rohden zu finden

Bei der Planung zur Tour Amelungsburg/Burg Rohden stolperte ich bei Wikipedia über den Eintrag, Rohden OT von Hessisch Oldendorf besitze „eine bemerkenswerte Steinkiste aus der Jungsteinzeit“ Was?? Und das weiss ich nicht? Flitzt man da doch häufiger mal durch um an die Weser zu kommen. Tatsächlich lese ich in meinem Lieblings-Wanderführer Unser Sonntagsausflug von Ingeborg Müller folgendes: „Bis in die Jungsteinzeit zurückgeführt werden wir bereits beim Parkplatz in Rohdental, wo unser Ausflug beginnt. Ein Schild verweist dort auf ein vermutlich 45 Meter langes und 2 Meter breites Steinkistengrab, das zu den bedeutendsten westeuropäischen Großsteingräbern gehören soll.“ So nun bin ich noch mehr perplex, dass ich das noch nie vorher gehört habe. Bilder finde ich im Internet nicht aber auf diversen Tourismusseiten exakt gleichlautende Texte dazu. Nützt nix – also los und vor Ort gucken.

Gemalte einfache Landkarte der Region

Besagtes Schild am Wanderparkplatz gibt es nicht mehr, auf dem neuen Schild steht nichts vom Steinkistengrab. Auch auf anderen Tafeln im Ort kein Hinweis.

Metallplatte auf Stein mit kurzer Geschichte des Ortes

Laut den online verfügbaren Heimatblättern machte man 1929 den Fund in einer Parzelle mit der Flurbezeichnung “Steineiche“. Eine Straße dieses Namens war schnell gefunden und auch nicht sonderlich lang…

Kartenausschnitt

Nachdem man bereits Jahrzehnte vorher einen „würfelförmigen Stein von 2 bis 3 Metern Kantenlänge“ fand, fing der Lehrer Wilhelm Bode an zu graben, fand außer dem (Deck?)Stein Urnen, Skelette, mehrere Schädel. Was ich vor Ort fand, waren eher alte aber immerhin hübsche Tröge also beschloss ich Einheimischen aufzulauern.

bepflanzter Steintrog

Ja, die ältere Dame sei aus dem Ort. Von dem Grab hatte sie allerdings noch nie etwas gehört ? Aber sie kannte Lehrer Bode noch persönlich, seine Tochter sei doch Ärztin geworden und irgendwann alle nach Rinteln gezogen. Na immerhin, das weiß ich jetzt. Sie ist sehr bemüht und ist sich sicher, der Fritz würde das noch wissen, eigentlich sollten wir zu ihm rübergehen und mit ihm plaudern aber leider wäre er ja vor 3 Jahren gestorben… Ich zeige ihr den Bericht der Heimatblätter am Handy. In dem Rohdener Grab mit immerhin 1,20 x 6m (soweit zum Thema 45 Meter) sollen 15 Skelette in Hockerstellung gelegen haben – ungewöhnlich waren die über dem Kopf zusammen gelegten (gebundenen?) Hände.

Bild aus dem Heimatblatt, Lehrer Bode vor dem geöffneten Grab

Ein Ehepaar mittleren Alters kommt vorbei und wird sogleich von meiner hilfsbereiten Dame aufgehalten. Und tatsächlich, der Mann kannte die Dorfchronik und konnte mir immerhin sagen, welche Ecke der Straße. Aber es sei absolut nichts mehr da, nicht mal ein Stein. Ich bin enttäuscht aber finde die Gespräche mit den Anwohnern wirklich erfreulich. Ich mache noch einmal Foto von dem Garten, wo es gewesen sein soll und trabe wieder zum Auto. Und wo sind nun die Steine geblieben? Den Unterlagen nach wurde aus ihnen am alten Museum in Rinteln (heute Gaststätte, Brennerstraße 19) der Fund an der Außenwand des Hauses nachgebaut, hinter einer Glasplatte sollen Skelettteile u Geräte sichtbar gewesen sein.

Altes Museum, heute Gaststätte

Nach dem Umzug in die Eulenburg kamen die Funde ins Museum und die Gebeine zunächst ins Magazin.

altes Foto aus den Heimatblättern, die den Nachbau zeigen
Museum Eulenburg

Die Funde müsste ich im Museum – wenn sie denn ausgestellt sind – vermutlich schon mal gesehen haben (Fotos und prüfenden Besuch liefere ich mal nach wenn andere Zeiten sind) Krass: während des Krieges wurden die Gebeine zu einem Spezialisten nach Königsberg geschickt, wo sie bei einem russischen Flieger Angriff zerstört wurden. Was für eine Odyssee für unsere Steinzeitmenschen, wie sie das wohl gefunden hätten?

Habe gelernt: einfach öfter mal Leute anquatschen, lohnt irgendwie immer. 45 Meter sind manchmal doch nur 6. Auch der unbelegbarste Quatsch wird von einer (touristischen) Internetseite auf die nächste kopiert

Quelle: Hess. Oldendorfer Heimatblätter, Heft 22

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